Arbeitspflicht auch ohne Lohn (BAG v. 09.05.2014, 6 AZR 246/12)
Kein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitsnehmers in Insolvenz wegen Altmasseverbindlichkeiten
Arbeitnehmer erbringen ihre Arbeitsleistung im Wege der Vorleistung,
denn erst am Ende des Monats wird bezahlt. Deshalb steht Ihnen
grundsätzlich Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB zu und sie sind zur
Vorleistung nach § 614 BGB nicht mehr verpflichtet, wenn der Lohn
bereits rückständig ist.
Anders jedoch in der Insolvenz:
Im zu entscheidenden Fall war das Insolvenzverfahren am 29.04.2009
eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter hatte die Arbeitsverhältnisse
gekündigt; über deren Wirksamkeit gab es jedoch Streit. Man beendete das
Arbeitsverhältnis durch Vergleich zum 30.04.2010.
Am 28.10.2009 forderte daher der Insolvenzverwalter den Arbeitnehmer zur
Erbringung der Arbeitsleistung auf. Dies hat er abgelehnt, weil er seit
01.05.2009 kein Geld mehr erhalten habe. Der Insolvenzverwalter hatte
jedoch sogenannte Masseunzulänglichkeit angekündigt. Er hatte also
erklärt, dass die in der Insolvenz ihm obliegenden Verpflichtungen auf
Zahlung von Lohn (und anderen Verpflichtungen) nicht erfüllbar sind.
Rechtlich hat dies zur
Folge, dass es sich dann um sogenannte Altmasseverbindlichkeiten handelt.
Das Bundesarbeitsgericht entschied (BAG v. 08.05.2014, 6 AZR 246/12),
dass die zurückliegenden Vergütungsansprüche keine
Neumasseverbindlichkeiten sein. Da gem. § 210 InsO eine
Zwangsvollstreckung wegen Altmasseverbindlichkeiten verboten sei, könne
sich daraus auch kein Zurückbehaltungsrecht ergeben. Der
insolvenzrechtliche Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller
Gläubiger könne nicht zugunsten des Arbeitnehmers als einzigem
begünstigen Gläubiger durchbrochen werden. Folglich ist der Arbeitnehmer
verpflichtet, seine Arbeitsleistung zu erbringen trotz des nicht mehr
gezahlten Gehaltes.
Anders wäre es jedoch möglicherweise dann, wenn eine zu zahlende
Vergütung durchsetzbar wäre, also zum Beispiel Masseunzulänglichkeit
nicht angezeigt ist.
Das BAG weist auch darauf hin, dass bei verspäteter Anzeige der
Masseunzulänglichkeit die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters §
60 InsO in der Regel nicht gegeben ist.
Damit bleibt die Situation eines Arbeitnehmers in einem insolventen Unternehmen problematisch.
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